Teilhabebeiräte, ein Schritt für mehr Inklusion

In verschiedenen Städten und Gemeinden des Landkreises gibt es Behindertenbeauftragte. In einigen Kommunen werden sie zusätzlich von Beiräten unterstützt. So etwa in Weiterstadt und seit Mai 2024 auch in Mühltal. Über Chancen und Grenzen der Beiräte haben wir mit Sonja John, Vorsitzende des Beirats zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in Weiterstadt und mit Beate Jährling, die die Gründung des Teilhabebeirats in Mühltal maßgeblich vorangetrieben hat, gesprochen.

Seit 2021 übt Sonja John in Weiterstadt den Vorsitz des Beirats für Gleichstellung von Menschen mit Behinderung aus. Von den insgesamt acht Plätzen wurde sie aufgrund der Tatsache in den Beirat gewählt, dass ihr Sohn eine Behinderung hat.

“Meine Kollegen im Beirat haben alle einen Grad der Behinderung. Ich vertrete eine Person mit Behinderung, meinen Sohn also“, berichtet sie.

Sonja John hat aber bereits bevor sie den Vorsitz des Beirats übernahm, Erfahrung mit dem Thema der Selbsthilfe gesammelt. Sie beriet bereits im Vorfeld ihrer Tätigkeit vielfach Eltern von Kindern mit Behinderung. Ihr Engagement als Vorsitzende des Beirats entwickelte sich daraus.

Viel Erfahrung bringt auch Beate Jährling aus ihrer langjährigen Tätigkeit im Integrationsfachdienst Groß-Gerau mit. Sie ist seit 2018 ehrenamtliche Behindertenbeauftragte von Mühltal. Vier Jahre lang hat sie sich für die Entstehung des Teilhabebeirates beharrlich eingesetzt.

„Wir haben innerhalb eines Jahres mit fünf Personen eine Satzung erarbeitet, in der festgeschrieben ist, dass mindestens 5 Beiratsmitglieder eine Behinderung haben. Des Weiteren sind 3 Personen mit spezifischem Wissen über Menschen mit Behinderungen, die Behindertenbeauftragte, sowie je eine Fachkraft der Stiftung Nieder-Ramstädter Diakonie sowie der Jugend- und Seniorenförderung, vertreten. Jetzt haben wir eine Gruppe von hochmotivierten Personen zusammen, die sich für die Anliegen von Menschen mit Behinderung einsetzen werden“, berichtet sie.

Ein kurzer Weg zur Verwaltung

In Weiterstadt wurde der Beirat zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung als Stabsstelle eingerichtet. Er berät die Verwaltung zu verschiedensten Fragen in Anlehnung an die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Dazu gehören u.a. Arbeit und Ausbildung, Mobilität, aber auch Kultur und Freizeit.

Die UN-BRK, die 2009 in Deutschland ratifiziert wurde, ist auch die Richtschnur des Teilhabebeirates in Mühltal.

„Ein Ziel unserer Arbeit wird in den folgenden Jahren die Sensibilisierung der Entscheidungsgremien sein und wir hoffen, künftig zu Baumaßnahmen in der Gemeinde gehört zu werden. Ein weiteres Ziel wäre, Hilfs- und Beratungsangebote für die Bevölkerung zu entwickeln und zu installieren“, betont Beate Jährling.

Die Arbeit der Beiräte ist kleinteilig und langwierig. Aber es lassen sich auch Erfolge verzeichnen. So sagt Sonja John: 

 „Ja, wir wurden zu vielen Themen gefragt und ich hatte das Gefühl, dass unsere Meinung geschätzt wurde.“

Ein Erfolg war der DADI-Liner, ein Bus, der bei Bedarf in Weiterstadt angefordert werden kann und verschiedene Haltestellen anfährt.

„Am Anfang gab es keinen einzigen barrierefreien Wagen. Nach und nach haben wir es dann geschafft, zumindest einen Kleinbus auch für Menschen mit Behinderung ausstatten zu lassen. Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden“, stellt die Vorsitzende des Beirats in Weiterstadt fest.

Der Beirat in Mühltal steht am Beginn seiner Arbeit. Zur Motivation, sich für die Belange von Menschen mit Behinderung einzusetzen, meint Beate Jährling:

„Seit meiner Kindheit sehe ich, wenn etwas ungerecht ist. Ich muss dann etwas tun. Ich habe einen starken inneren Antrieb, Verbesserungen für meine Mitmenschen zu schaffen.“

Eine hohe Motivation ist bei Vorhaben rund um Inklusion notwendig. Denn: Die Veränderungen sind langwierig, etwa beim Thema Bauen.

Sonja John und ihre Mitstreiter*innen wurden in den letzten Jahren bei Bauprojekten in Weiterstadt um ihre Stellungnahmen gebeten, etwa beim barrierefreien Ausbau des kommunalen Kinos oder des Schlosses in Braunshardt.

„Wir wurden immer angehört, es wurde aber nicht immer alles eins zu eins umgesetzt, was wir gefordert haben. Es gibt immer vielfältige Anliegen, die berücksichtigt werden müssen. Wir hatten aber immer das Gefühl, dass uns die Verwaltung zugehört hat und uns – soweit möglich – auch entgegengekommen ist“, hebt die gelernte Kunsthistorikerin hervor.

Neben der Verwaltung können aber auch Interessierte an der Arbeit teilhaben. So etwa in Mühltal. Die viermal jährlich stattfindenden Sitzungen werden im Ratsinfosystem der Gemeinde angekündigt. Hier haben Gäste ohne besondere Voranmeldung Gelegenheit, sich zu äußern.

Am 06. Dezember 2024 von 11:00 bis 15:30 findet zusätzlich eine Veranstaltung im Rathaus Mühltal statt, die von der Behindertenbeauftragten und dem Büro für Migration und Inklusion des Landkreises ausgerichtet wird. Informationen dazu befinden sich am Ende des Textes.

Sonja Johns Weihnachtswunsch betrifft die allgemeine Situation von Menschen mit Behinderung und die Inklusion. Er lautet:

„…dass Barrierefreiheit in allen ihren Varianten in den Köpfen der Menschen ankommt.“

Viele Arten von Behinderung sind nicht im Blickfeld, was sich ändern sollte, findet Sonja John abschließend.

Und Beate Jährling wünscht sich:

„Ich würde gern mit dem Finger schnipsen und die UN-BRK wäre umgesetzt. Ich wünsche mir, dass Dinge schneller vorangehen und dass die Betroffenen und ihre Familien nicht so viel kämpfen müssen.“

Weitere Informationen zum Beirat zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen finden sich hier:

https://buergerinfo.weiterstadt.de/kp0040.php?__kgrnr=57

Informationen zur Veranstaltung für Menschen mit Behinderung am 06.12.2024 finden sich hier:

https://www.muehltal.de/muehltal/artikel/presseartikel/2024/kw-46-inklusion-in-muehltal